26.10.2022
Michal Hořava



Als wir 2009 den ersten Almanach Benutzerfreundliche Schnittstellen in der Tschechischen Republik veröffentlichten, hatten wir etwa zwanzig Experten, die sich mit diesem Phänomen beschäftigten. Laut Glassdoor, einem weltweit führenden Anbieter von Jobinformationen und Beschäftigungstrends, gehört der UX-Designer heute zu den 25 weltweit am meisten gefragten Berufen. Googles Einstieg in die Welt der Bildung hat zu mehr als einer halben Million Zertifizierungen im Bereich UX geführt. Der Bereich entwickelt sich weiter, ebenso wie die Anforderungen und Ergebnisse dieser kreativen Tätigkeit. Schauen wir uns an, welche wir derzeit für die interessantesten halten.

1. Benutzeroberflächen sind Markenträger

Je mehr wir durch die Forschung über die Benutzer wissen, desto mehr Zeit und Ressourcen haben die Entwicklungsteams, um sich auf die Form und Konsistenz der Benutzeroberfläche zu konzentrieren. Für ein optimales Nutzererlebnis müssen alle Ausgaben ähnlich aussehen, Unternehmen können es sich nicht leisten, jedes Mal eine andere Sprache mit dem Kunden zu sprechen. Gleichzeitig befassen sich viele Unternehmen heute mit der Kontrolle und dem Erscheinungsbild der Anwendung allenfalls auf der Ebene der Unternehmensfarben. Aber der Markenkern, der über die Benutzeroberfläche transportiert wird, ist eine wichtige Dimension der Kommunikation nicht nur gegenüber den Kunden, sondern auch innerhalb der Unternehmen selbst. Das Beispiel von Nike zeigt dies, dessen Benutzeroberflächen immer auf den ersten Blick erkennen lassen, dass es sich um diese Marke handelt.

2. Designsystem als Teil der UX-Lieferung

Damit eine Marke ihre Einzigartigkeit bewahren kann, darf das Erscheinungsbild der einzelnen Technologielösungen nicht allein vom Anbieter oder der Plattform abhängen. Design System Management (DSM), eine Reihe von Standards für das Design Management in großem Maßstab, entwickelt sich zum Standard. Dank der in diesem Bereich entwickelten Tools ist es möglich, auch für Dritte einen ständigen Zugriff auf das aktuelle Entwurfshandbuch zu haben. Das Ergebnis ist eine visuelle Konsistenz über verschiedene Schnittstellen oder digitale Kanäle hinweg.

3. Aufbau von Glaubwürdigkeit durch Nutzererfahrung

Wie zuvor kauft der Nutzer ein Produkt, nur diesmal in einer digitalen Umgebung. Die Tatsache, dass ein einheitliches Erscheinungsbild für die Nutzer in ihrer Beziehung zu einer Marke von wesentlicher Bedeutung ist, wird durch zahlreiche Studien bestätigt. Laut dem Adobe Trust Report (The digital economy is personal, 2022) geben 57 % der Verbraucher an, dass sie einem Unternehmen, das ihr Vertrauen missbraucht hat, keine weitere Chance geben werden. 70 % der Verbraucher sagen, dass eine ungenaue Personalisierung ihr Vertrauen in eine Marke verringert. Dies hängt auch mit dem Umgang mit Kundendaten zusammen. Auch hier gilt: Je transparenter der Umgang mit den verarbeiteten Daten des Kunden im digitalen Umfeld ist, desto eher ist der Kunde bereit, seine Daten einem Unternehmen seines Vertrauens zur Verfügung zu stellen.

4. Typografie - ein kleines Detail mit fataler Wirkung

Ein kleines, aber wichtiges Detail des Brandings ist die Typografie. Je mehr Text auf digitale Geräte übertragen wird, desto höher sind die Qualitätsanforderungen an das Schriftbild. Ein UX-Designer muss sich darüber im Klaren sein, dass Text heute in den verschiedensten Situationen und an den unterschiedlichsten Orten verwendet wird: ein Autofahrer, der auf das Armaturenbrett schaut, ein Läufer, der in seiner App das Tempo vorgibt, das morgendliche Lesen von Nachrichten auf dem Handy auf dem Weg zur Arbeit, ein Lagerarbeiter, der Daten von einem Lesegerät abruft, ein Bediener, der in einer Produktionsanlage ein Gerät einrichtet... All diese Situationen haben eines gemeinsam: Der Benutzer hält das Gerät oft in der Hand und liest von einem wackeligen Display ab. Dies stellt natürlich viel höhere Anforderungen an die Schrift als bei der Verwendung auf einem stabilen Untergrund. Auf Wunsch unserer Kunden arbeiten wir bei Cleverlance mit Typographen zusammen, um neue Schriften zu entwickeln, die die Lesbarkeit von Text unter schwierigen Bedingungen verbessern.

5. Grenzen der internen UX-Teams

Der Wunsch vieler Unternehmen, von UX-Beratern wegzugehen und eigene UX-Teams aufzubauen, stößt an seine Grenzen. Die Erwartung, dass ein interner UX-Experte alle UX-Fähigkeiten abdeckt, erweist sich oft als unrealistisch. Teilbereiche der UX wie Forschung, Copywriting oder Design haben sich so spezialisiert, dass ein einzelner Experte sie nicht mehr auf dem erforderlichen Niveau beherrschen kann. Aus diesem Grund bilden Unternehmen nach und nach immer mehr UX-Teams, während es gleichzeitig immer schwieriger wird, auf dem Arbeitsmarkt Spezialisten mit dem erwarteten Wissens- und Kompetenzniveau zu finden. Infolgedessen konzentriert sich das interne Team nur auf einen Bereich der UX, z. B. auf die Forschung. Ohne einen guten Designer bringt sie jedoch nur theoretische Ergebnisse. Ein großes Handicap dieser Teams ist auch die übermäßige (wenn auch verständliche) Konzentration auf das Produkt eines bestimmten Unternehmens. Designern und Forschern fehlt es an Vergleichen mit anderen Branchen, an Erkenntnissen und bewährten Verfahren. Damit kommen Technologieunternehmen wieder ins Spiel, die dank der Vielfalt ihrer Aufträge Unternehmen mit neuen Ansätzen bereichern und interne UX-Teams sinnvoll ergänzen können.​

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